Montag, 12. Januar 2015

Was macht der Zucker in der Wurst?

KK-Wissen
Wieso ist eigentlich Zucker in der Wurst?

Antworten auf eine oft gestellte Frage

Herzhaft. Würzig. Zünftig. So eine Wurstplatte kann sooo lecker sein.
Ein KKler ist in den ersten Wochen fast immer sehr beschäftigt damit, seine Einkäufe Produkt für Produkt neu kennen zu lernen: Über die Zutatenliste.

Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie oft ich bis heute frustrierte Beiträge darüber gelesen habe, dass es im Prinzip so gut wie keine Wurst mehr gibt, der man nicht irgendwie eine Sorte Zucker beigemischt hat. 


Aber warum machen die das!?
Eine typische Antwort auf die Frage ist, dass Zucker zur Konservierung da drin sei.
Dem bin ich seit einiger Zeit intensiv nachgegangen. Um Euch heute endlich ein paar Fakten nennen zu können.






Ich habe mich von Anfang an über die Aussage gewundert, dass Zucker zur Konservierung eingesetzt wird. Ist nicht gerade Zucker nötig, um Bakterien so richtig in Fahrt zu bringen? Würde der Zucker dann nicht das genaue Gegenteil erzeugen?

Wirkt Zucker bakteriostatisch? Tötet Zucker sogar Bakterien?


Richtig ist, dass Honig eine solche Wirkung hat. Lange hat man geglaubt, es sei der hohe Zuckeranteil von teilweise um die 80%. Heute weiss man, dass es nicht der Zucker im Honig ist, sondern andere Bestandteile, die den Honig so sehr haltbar machen.

Richtig ist, Zucker ernährt die meisten Sorten von Bakterien, Pilzen, Sporen und Keimen. 
Wer zum Beispiel einmal einen Hefeteig angesetzt hat, hat das sogar in Aktion gesehen. Ohne den Zucker im Teig würde nicht wirklich viel passieren. Erst mit dem Zucker gehen die Hefekulturen ab wie Luzie.

Richtig ist, dass manche Medikamente und Antibiotika Zucker enthalten, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Allerdings ist das nicht, weil der Zucker dann die Keime abtötet, sondern um ruhende Keime zu wecken, um sie im dann aktiven Zustand dazu zu bringen, die eigentlich abtötenden Wirkstoffe aufzunehmen.

Richtig ist, dass Zucker sehr stark Wasser zieht. 
Somit kann Zucker eine weitere wichtige Grundlage für Bakterien und Schimmelpilze entziehen.
Das würde bezogen auf die Wurst allerdings nur dann zutreffen, wenn man eine relativ trockene Wurst auf dem Teller liegen hat. Wie manche rustikale Sorten Salami oder Landjäger. Bei Kochschinken und anderen relativ feuchten Wurstsorten kann es das nicht sein.
Dies um so mehr, als es heute gängige Praxis ist, beim Gewicht ein klein wenig dem Gewinn nachzuhelfen, in dem man Phosphate beifügt, die wiederum Wasser ziehen, das ja naturgemäss viel günstiger ist, als das teure Rohprodukt Fleisch.

Die Aussage, Zucker wirke als Konservierungsstoff ist also mit nichts vernünftig belegbar, wenn nicht schlichtweg - falsch.


Es gibt aber noch einen anderen, billigen Konservierungsstoff, der ebenfalls recht mächtig ist: Salz.
Lange Zeit war Pökeln die populärste Methode, um Lebensmittel wie Fisch und Fleisch haltbar zu machen. Und was Salz noch zusätzlich macht: Es gibt dem Fleisch eine leuchtend rote Farbe. Also jene, die wir optisch besondern attraktiv finden, wenn wir vor dem Fleischregal stehen.

Und hier ist die erste sinnvolle Erklärung, die ja schon in besonders beliebten braunen Brausewassern eine grosse Rolle spielt: Man fügt dem Produkt so lange Zucker bei, bis der riesige Salzgehalt überhaupt erstmal erträglich wird.

Das würde zumindest die Aussage richtig machen, dass man Zucker für die Konservierung verwendet. Aber dann nur als - Hilfsstoff.


Die für mich wahrscheinlichste Erklärung für das exzessive Zufügen von Zucker - und das triff nicht nur auf Wurstwaren zu, sondern auf so ziemlich alle industriell erzeugte Lebensmittel, denen man Zucker beimischt ist viel einfacher: 
Zucker macht süchtig. Und wenn unser Gehirn nicht nur bei den Gummibären, sondern auch bei der Wurst Purzelbäume juchzt, dann ist das dem Umsatz des Wurstherstellers sicher nicht abträglich.



Was es noch über Wurst und Leberkäs zu sagen gibt:
Wurst ist ein unglaublich dankbares Produkt, um eine Menge Dinge im Brät zu verstecken, die wir vermutlich normalerweise sonst gar nicht essen würden. 

Je niedriger der Preis der Wurst ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir Abfälle aus anderen Produktionsprozessen eingearbeitet bekommen. 

Auch über die Zugabe von Getreide und ähnlichen Füllstoffen - oder den oben genannten Phosphaten wird hier getrickst dass sich die Würste biegen. 

Hinzu kommt, dass via Würze, Hefeextrakt und Glutamate ein weiterer Big Player im "Werde-dick"-Spiel hinzugefügt wird. Die Geschmacksverstärker tricksen nämlich unser Gehirn aus und lassen uns mehr von etwas essen, als unser Körper eigentlich bräuchte. Nur kann er nicht Stopp rufen, wenn solche Wirkstoffe enthalten sind.

Nachdem ich jetzt einige Wochen sehr interessiert in einem Fleischerforum gastgelesen habe (wenn die das wüssten...) ist mein Glauben an auch nur einem Hauch von Berufsehre extremst erschüttert. 
Ein einziger älterer Herr mit 40 Jahren Berufserfahrung ist mir positiv aufgefallen - der nimmt seine Kunden noch als Menschen wahr, denen man mit Respekt und Qualität ein gutes Produkt zu bieten habe. 
Fast alle anderen sind nur noch zynisch darauf bedacht, über irgendwelche Zusätze ihren Gewinn zu steigern und verteidigen das mit einer grossen Kostenlast und anderen Ausreden. Ihre eigenen Erzeugnisse essen allerdings die wenigsten.
Und der Austausch an Tipps, wie man aus noch weniger teuren Rohstoffen ein noch besser verkäufliches Produkt machen kann, floriert. 
Ich fürchte, die letzten, die noch so etwas wie Handwerksethos hatten, sind verstorben, in Rente, oder haben vor ein paar Monaten oder Jahren aus Kostengründen ihr Geschäft zusperren müssen. Ja. Geiz ist geil, nicht wahr!?



Was ich empfehlen kann:
Ich weiss, dass es ziemlich schwer ist, eine vernünftige Balance zu finden, vor allem, wenn es um den Geldbeutel geht. Tatsache ist, dass ein gutes Steak zigmal besser für Eure Abnahme ist, als Wurstwaren. Tatsache ist auch - die meisten können sich das nicht jeden Tag leisten. 


Mein Ratschlag ist: 
Versucht bitte, industriell gefertigte Wurstwaren nicht als Hauptaufnahmequelle für Euren Eiweissbedarf zu sehen, sondern diesen Anteil - so gut das mit Eurem Haushaltsbudget eben möglich ist - möglichst gering zu halten. 

Es war mit verschiedenen Probanden in unserer Gruppe deutlich messbar, dass sie bessere Ergebnisse erzielt haben, wenn der Wurstwaren-Anteil geringer war. 

Ob das nun an dem Zucker in der Wurst liegt, oder an der Tatsache, dass ein Mahlwerk hier schon quasi vorverdaut hat oder an anderen Bestandteilen - sei dahingestellt.


Bis später.


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